von Joanna Murray-Smith, Teamtheater München
Einsam und zurückgezogen lebt Patricia Highsmith am Ende ihres Lebens im Tessin. Das von ihr selbst entworfene Haus gleicht einer Festung. Katzen mag sie, Menschen nicht. Sie weiß, dass sie bald sterben wird. Sie trinkt, ist geizig, sammelt Waffen und schreibt am liebsten Geschichten, in denen Zufälle zu Morden führen und Alltagsmenschen sich in skrupellose Killer verwandeln. Ihre berühmteste Figur ist der talentierte Mister Tom Ripley, ein wand–lungsfähiger Spieler, der für seinen eigenen Vorteil ebenso charmant und erfindungsreich den Lebemenschen gibt, wie er rücksichtslos ist. Lange hat Patricia Highsmith keinen Ripley-Roman mehr geschrieben. Ihr Verlag drängt sie zu einem neuen Bestseller, doch dem letzten Literaturagenten sind diese Verlagswünsche schlecht bekommen. Er sitzt nach einer Messer–attacke von Patricia in der Psychiatrie. Nun schickt man den jungen Edward Ridgeway, um sie zu einer Fortsetzung zu überreden. Ein verbales Katz-und Mausspiel beginnt. Wider Erwarten ist der scheinbare Schnösel Ridgeway den härtesten und grobschlächtigsten Attacken der Grande Dame gewachsen, und gegen jede Vernunft verwickelt er die Schrift–stellerin in eine neue Mord-Phantasie, in deren Zentrum Tom Ripley steht. Ein aberwitziger Schlagabtausch beginnt, der die fabulierte Lust am Töten in ungeahnt raffinierte Höhen treibt und die Grenzen zwischen Phantasie und Wirklichkeit zunehmend verschwimmen lässt. Wer ist Ridgeway? Wer ist Patricia Highsmith – diese Frau, die Frauen liebte, die sich am liebsten als Mann kleidete und sich fremd in ihrem eigenen Körper fühlte – und die in ihren Tagebüchern bekannte, Tom Ripley sei ihr Alter Ego. Im überraschenden Finale dieses psychologischen Kammerspieles erweisen sich die beiden Gegenspieler als ebenbürtig. Ein Totentanz, der sich um die Würde des Sterbens dreht. „Für mich geht es um die Möglichkeit, würdevoll zu sterben. Die Phantasie als Ausweg aus der demütigenden Tristesse des Lebens.“, so Regisseur Dieter Nelle über die Inszenierung.
Die 1962 geborene Autorin Joanna Murray-Smith ist eine der erfolgreichsten Bühnenautorinnen Australiens und bekennende Patricia-Highsmith-Verehrerin. Der Fall Patricia Highsmith wurde 2014 mit großem Erfolg in Sydney uraufgeführt. In ihrem Stück gelingt Joanna Murray-Smith ein rasantes Vexierspiel zwischen Phantasie und Wirklichkeit und zu–gleich das Porträt einer leidenschaftlichen Autorin, die sich wie keine andere in die Alltäg–lichkeit des mörderischen Schreckens hineingewagt hat.
mit Astrid Jacob und David Tobias Schneider
Regie Dieter Nelle
Dramaturgie und Produktionsleitung Petra Maria Grühn
Bühnenbild/Kostüm Manuela Müller
Licht Ralf Wapler
Regieassistenz Amina Fliszár
Photos: Manuela Müller, Ralf Wapler, Text: Teamtheater München